Der Wiesenhof diskreditiert sich selbst – Eine Replik

Neues aus Niederlehme: Letzte Woche erschien im KW-Kurier ein Artikel von Michael Reimann: http://kw-kurier.de/wiesenhof-wird-diskreditiert/ . Michael Reimann ist einer der Protagonisten einer neuen Kooperation in der Stadtverordnetenversammlung in Königs Wusterhausen http://kw-kurier.de/gemeinsam-etwas-bewegen/ . Und es gibt einen seltsamen Artikel im Netz:  https://www.gt-worldwide.com/kategorie/thema/autoren-gastautoren-in-gt/autoren-r/michael-reimann/demut-vor-dem-amt-und-verantwortung-vor-den-buergerinnen-und-buergern.html#c43892 . Man könnte den Eindruck bekommen, hier macht jemand die Drecksarbeit für jemand anders. Aber auf dieses Niveau werden wir uns nicht begeben. Hier unsere Antwort als BI KW stinkt´s:


Am 25.07.2017 erscheint im KW-Kurier ein Artikel von Michael Reimann mit dem Titel “Wiesenhof wird diskeditiert“[1]. Wer den Artikel liest, könnte zur Auffassung kommen, dass es sich um einen anderen Betrieb handelt und nicht um denjenigen in Niederlehme, der in letzter Zeit immer wieder mit Schlagzeilen für Aufmerksamkeit sorgte.

Am 20.06.2017 hat Minister Vogelsänger (SPD) die Teilstillegung des Wiesenhofbetriebes in Niederlehme angeordnet[2]. Das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft (MLUL) ist nicht gerade dafür bekannt, Großbetrieben im Lande das Leben schwer zu machen. Doch in diesem Fall waren die Verstöße der Märkischen Geflügelhof-Spezialitäten GmbH gegen die gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen zu gravierend, um eine illegale Kapazitätserweiterung weiterhin zu dulden.

Man kann lange über die gesundheitlichen Risiken der industriellen Tierproduktion und ihre Gefahren für die Umwelt und unsere Gesellschaft debattieren. Auch über die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Massentierhaltung und Ihrer Produktionsbedingungen mit Einsatz von Antibiotika und Desinfektionsmitteln, fragwürdiger Futterproduktion, Gülle- und Kotentsorgung, die unser Wasser, unsere Böden und letztendlich auch unsere Gesundheit belasten. Verschwiegen werden sollten auch nicht das Leid der Tiere und die schlechten Arbeitsbedingungen, die derartige Betriebe bieten. Das sind aber alles Dinge, die unsere Gesellschaft in einer politischen Debatte ausfechten muss: Welche Ernährung, welche Wirtschaft wollen wir? Und das wiederum sind keine technischen, sozialen oder wirtschaftlichen Fragen, sondern das sind kulturelle Fragen: Welche Gesellschaft wollen wir? Dieses wäre eine höchst spannende und ist in Bezug auf obengenannte Themen eine letztendlich von den Protagonisten der Massentierhaltung selbst befeuerte Debatte.

Kern des Skandals im Schlachthof Niederlehme ist aber ein anderer Aspekt:

Wie im Antragsverfahren zur Kapazitätserweiterung jetzt endgültig ans Licht kam, erweitert Wiesenhof schon seit Jahren seinen Betrieb, ohne jedoch die erforderliche Bundesimmissionsschutzrechtliche Erlaubnis hierzu zu besitzen. Wiesenhof verstößt seit Jahren gegen Gesetze und Verordnungen zu Lasten der Anwohner, der Umwelt und letztendlich zu Lasten aller Bürgerinnen und Bürger von Königs Wusterhausen. Jeder private Bauherr oder Betreiber eines kleinen Geschäftes hätte schon längst einen Bußgeldbescheid erhalten oder seine Betriebserlaubnis entzogen bekommen, hätte er getan, was sich Wiesenhof mit seiner Konzernmacht und seinen Anwälten erlaubt.

Warum hat Wiesenhof nicht von Beginn an einen entsprechenden Antrag auf Kapazitätserweiterung gestellt? Das dürfte jetzt klarwerden, nachdem von Betroffenen aus Niederlehme und Neue Mühle immer neue Verstöße und Unstimmigkeiten öffentlich gemacht wurden: Der Konzern, der 1990 das Kombinat Industrielle Mast (KIM) übernahm, scheut das Licht der Öffentlichkeit und vermeidet Transparenz. Das gipfelte im Erörterungstermin in der Aussage des Wiesenhof-Rechtsanwaltes Dr. Hentschke: „Sie haben kein Recht auf eine Antwort.“

Stattdessen verfolgt der Konzern eine Salamitaktik mit Genehmigungen und Anträgen, die mal mehr oder weniger gewissenhaft umgesetzt werden. Auch Havarien behebt er erst auf massiven Druck von außen. So sickern immer wieder über längere Zeit Abwässer aus dem Schlachtbetrieb ungeklärt im umgebenden Wald im Trinkwassereinzugsgebiet, eines Wasserschutzgebietes der Wasserwerke Königs Wusterhausen. Im Herbst 2016 hoffte der Konzern mit einem schlampig formulierten Antrag auf Kapazitätserweiterung gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz durchzukommen. Jetzt wurde klar, dass die Baugenehmigungen und die wasserrechtliche Genehmigung auf Entnahme von bis zu 1,5 Mio. Liter Wasser pro Tag in unmittelbarer Nähe des Trinkwassereinzugsgebietes in Zusammenhang mit einer bereits erfolgten Kapazitätsausweitung standen. Darauf musste das Ministerium reagieren und die Teilstillegung anordnen. Daher ist klar, dass der Konzern selbst hierfür verantwortlich ist und entweder bewusst mit unlauteren Methoden seinen Betrieb erweitert hat oder seinen Laden reichlich unprofessionell führt. Ein Betrieb, der auf einem solchen Niveau arbeitet, ist für Königs Wusterhausen sicher kein Gewinn.

Warum die Hälfte der Beschäftigten Werkvertragsarbeiter sind, hat einen einfachen Grund: Ihnen kann einfacher gekündigt werden. Es ist klar, dass diese Arbeiterinnen und Arbeiter nie ein Wort über schlechte Arbeitsbedingungen verlieren werden, denn dann sind sie ihren Job los. Und offensichtlich hat Herr Reimann die Gründe für die Werkverträge auch nie hinterfragt, kein Wort in seinem Artikel.

Wenn sich Herr Reimann jetzt bei einem Besuch des Schlachtbetriebes vom Geschäftsführer offensichtlich einlullen lässt und das Hohe Lied prekärer Arbeitsplätze und billiger Lebensmittel singt, dabei auch noch dem Landwirtschaftsminister seiner neuen Kooperationspartner in der Stadtverordnetenversammlung in den Rücken fällt, hat das nur einen Grund: Bürgermeisterwahlkampf in Königs Wusterhausen[3]

 Andreas Rieger