Einwendung zum Thema Tierschutz

An das
Landesamt für Umwelt
Genehmigungsverfahrenstelle Süd
Postfach 601061
14410 Potsdam

 

Einwendung gegen die Wesentliche Änderung der Hähnchenschlachtanlage der Märkische Geflügelhof-Spezialitäten GmbH in 15713 Königs Wusterhausen OT Niederlehme auf dem Grundstück am Möllenberg 3-9 in 15713 Königs Wusterhausen OT Niederlehme gemäss Bekanntmachung des Landesamtes für Umwelt vom 09.09.2025 (Vorhaben-ID Süd-G03824)

Tierschutz

Ausführungen zum Tierschutz werden in den Antragsunterlagen nicht gemacht. Die Anlieferung von lebenden Tieren stellt für diese unermessliches Leid dar. Das Einfangen der Tiere in den Ställen, die dort zuvor unter Qualen gemästet wurden, die Verladung, der Transport, die Wartezeiten, die Entladung, die möglichen Störungen und letztendlich deren Tötung potenzieren in diesen Größenordnungen das Leid der Tiere. Unabhängige Untersuchungen zum Tierschutz fehlen. Außerdem stellt bereits der Weg zum Schlachthof für die Tiere eine Qual dar. Aus einem Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages im Jahr 2014 geht hervor, dass bei der Kontrolle von Tiertransporten im vergangenen Jahr zahlreiche Mängel aufgedeckt wurden.

In der vorgesehenen Schlachtfabrik ist eine Betäubung der Hühner mit CO2 vorgesehen. Sie werden einem Gasgemisch ausgesetzt, das zu steigenden Anteilen aus Kohlendioxid besteht. Die Tiere sind einem Erstickungskampf und Atemnot ausgeliefert. CO2 in einer Konzentration über 30 Prozent ist aversiv und verursacht akute Atemnot bevor die Bewusstlosigkeit einsetzt, es ist schmerzhaft für die Nasenschleimhaut und führt außerdem zur Verlangsamung des Herzschlags. Somit ist diese Betäubung nicht frei von Schmerz, Stress und Leiden. Da sie nur betäubt, aber während der Begasung nicht getötet werden dürfen, ist häufig die Dosis so gering, dass einige Hühner unbetäubt und bei Bewusstsein während des Durchschneidens der Schlagadern und der Entblutung sind.

Nach Angaben der Bundesregierung werden in Deutschland jährlich rund 70 Millionen Hühner, sechs Millionen Schweine, 350 000 Rinder und 100 000 Schafe beim Schlachten fehlbetäubt. Das bedeutet, in neun Prozent aller Fälle, dass die Tiere den weiteren Schlachtprozess bewusst miterleben (http://www.bayerische-staatszeitung.de/staatszeitung/landtag/detailansicht-landtag/artikel/fehlbetaeubungen-lassen-sich-nie-gaenzlich-ausschliessen.html, Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susann Biedefeld SPD vom 16.09.2015: Fehlbetäubung bei der Schlachtung von Schweinen, http://www.stern.de/politik/deutschland/tierschutz-in-deutschland-so-qualvoll-stirbt-schlachtvieh-3567898.html). Sie werden somit unerträglichen Schmerzen und Leiden bei einem Todeskampf von einigen Minuten durch Atemnot und Ersticken ausgesetzt. Die ungenügenden Betäubungen wurden häufig von den Mitarbeiter_innen der Schlachthöfe nicht erkannt oder vermutlich ignoriert. Eine Erhöhung der Schlachtkapazität, mit Erhöhung der Schlachtgeschwindigkeit, wird die Fehlbetäubungsquote noch erhöhen – sie verstößt somit gegen das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Schlachtverordnung. Die Erhöhung der Kapazität ist daher abzulehnen.

Die genannte Studie belegt, dass die Kontrollmechanismen von Seiten der Behörde und des Veterinäramtes regelmäßig versagen. Wie soll daher das Tierwohl in diesem Betrieb gesichert werden?

Laut Artikel 20a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland schützt der Staat seit 2002 die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung. Zitat aus Deutscher Bundestag Drucksache 14/8860 vom 23.4.2002: Der Schutz des Tieres als Lebewesen ist in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland noch immer unzulänglich. Die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung soll dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit den Tieren Rechnung tragen. Die Leidens- und Empfindungsfähigkeit insbesondere von höher entwickelten Tieren sowie die inzwischen bekannt gewordenen Ergebnisse von Wissenschaft und Forschung, die selbst das Klonen von Tieren ermöglichen, erfordern dringend ein ethisches Mindestmaß für das menschliche Verhalten. Die einfachgesetzlichen Regelungen des Tierschutzgesetzes reichen dazu nicht aus. Für die gebotene Abwägung zwischen den Interessen der Tiernutzung und dem Anspruch der Tiere auf Schutz vor Leiden, Schäden oder Schmerzen ist es notwendig, die Rechtsebenen anzugleichen, das heißt, dem Tierschutz Verfassungsrang zu geben.<<Gleiche Drucksache, Zitat aus der Begründung:>>Die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung soll den bereits einfachgesetzlich normierten Tierschutz stärken und die Wirksamkeit tierschützender Bestimmungen sicherstellen. Ethischem Tierschutz wird heute ein hoher Stellenwert beigemessen.<< …
…>>Durch das Einfügen der Worte „und die Tiere“ in Artikel 20a GG erstreckt sich der Schutzauftrag auch auf die einzelnen Tiere. Dem ethischen Tierschutz wird damit Verfassungsrang verliehen.<<

Wird dem Verfassungsrang des Schutzes der Tiere aus amtstierärztlicher Sicht mit einer Genehmigung der geplanten Anlagen und den oben bereits erwähnten Aspekte entsprochen?

Tiertransporte

Jeder Schlachtbetrieb geht mit Tiertransporten einher. Diese Prozedur bedeutet unermessliche Qualen für eine unvorstellbar große Anzahl an Tieren, vor allem auch wegen zahlreicher Mängel. Es stellt sich jedoch die grundsätzliche Frage, ob tierleidfreie Transporte überhaupt möglich sind. Dies ist nicht der Fall, unter anderem auch weil wirtschaftliche Interessen höher gestellt werden als Lebewesen. Wie kann das sein?

Katastrophale Bedingungen für Mensch und Tier

Der Wettbewerb in der Schlachtbranche führt zu massiven Tierschutzverstößen, Lohndumping, Missständen und unwürdigen Arbeitsbedingungen. Fehlbetäubungen sind de facto unvermeidbar, aber in keinem einzigen Fall zu tolerieren. Ebenso trifft es in diesen wirtschaftlichen Bestrebungen die Mitarbeiter_innen eines Schlachthofs, welche immer wieder unter schlechten Arbeitsbedingungen zu leiden haben. Die Konsequenzen daraus treffen schließlich auch die Tiere in einem Maße, dass vorhandene Regelungen zu ihrem Schutz nicht eingehalten werden können. Im Tierschutzgesetz heißt es jedoch, einem Tier dürfen keine Schmerzen, Leiden oder Schäden ohne vernünftigen Grund zugefügt werden. Die aufgewiesenen Punkte sprechen gegen jede Vernunft eines solchen Vorhabens.

Fehlende Notwendigkeit eines Schlachtbetriebs

Die Fleischerzeugung in Deutschland übersteigt den Eigenbedarf. Der Export hat dramatische Folgen, so werden beispielsweise afrikanische Hühnerfarmen in den Bankrott getrieben, weil wir unsere „Schlachtabfälle“ dorthin exportieren. Gleichzeitig bleiben trotz Exportgewinnen die negativen Folgen der Fleischproduktion bei uns vor Ort. Es handelt sich also um eine „Lose-Lose-Situation“ für alle Beteiligten, allen voran für die Tiere. Profit als einziges Gegenargument steht in keinem Verhältnis zu den Verlusten in Bereichen unserer ethischen Werte und Lebensqualität.

Ansiedlung weiterer Hühnermastanlagen

Die Schlachtkapazität des Schlachthofs in Niederlehme soll von 90.000 Tieren auf 150.000 Tiere täglich erhöht werden. Der Zusammenhang mit der industriellen Hähnchenmast liegt auf der Hand. Der Erhöhung der Schlachtkapazität werden weitere Anträge auf Errichtung bzw. Erweiterungen von Hühnermastanlagen in der Umgebung zur Folge haben. Laut Berechnungen von Germanwatch sind mit 190 neuen Ställen á 40.000 Tieren in der Region zu rechnen. Deutschland ist aber jetzt bereits durch die Folgen industrieller Tierhaltung schwer belastet. Daher ist die Genehmigung zum Schutz von Mensch und Umwelt abzulehnen.

Ich widerspreche der Genehmigung. Ich behalte mir vor, nach Prüfung vollständiger Unterlagen weitergehende Einwendungen zu erheben.

 

Mit freundlichen Grüßen,
Ort, Datum, Unterschrift